GPS-Alternativen: Vorteile von Galileo, Beidou, Glonass & Co. (2024)

Globale Satellitensysteme wie GPSwerden zur Ortung oder für die Navigation genutzt. Ist beispielsweise eine Person vermisst gemeldet, nutzt die Polizei die Satellitensysteme zur Auffindung des Handys der gesuchten Person. Oder ganz alltäglich: Unter Zuhilfenahme eines Navigationsgeräts oder von Google Maps, lässt sich die jeweilige Wegstrecke heute bequem und schnell bestimmen.

Ortung und Navigation auf der Erde und in der Luft mithilfe von Navigationssatelliten funktionieren durch ein klassisches Sender-Empfänger-Prinzip: Satelliten funken ihre genaue Position und Uhrzeit, Empfänger messen diese Signale und berechnen daraus ihren eigenen Standort und ihre aktuelle Zeit. Fast allen Systemen ist gemein, dass sich etwa 30 Satelliten in einer Höhe von ungefähr 25.000 km so bewegen, dass von jedem Ort auf der Erdoberfläche immer mindestens vier Satelliten gut zu empfangen sind. Dadurch lassen sich unter anderem sogenannte Uhrenfehler herausrechnen.

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Warum GPS eigentlich GNSS ist

Im Allgemeinen wird GPS als Synonym für alle globalen Navigationssatellitensysteme gebraucht. GPS bezeichnet tatsächlich aber nur das System, welches in den 1970er-Jahren vom US-Verteidigungsministerium entwickelt und in den 90er-Jahren in Betrieb genommen wurde. Die Bezeichnung steht dabei für Global Positioning System, heißt vollständig aber Navigational Satellite Timing and Ranging – Global Positioning System, also NAVSTAR GPS. GPS ist immer noch das wohl bekannteste und meistgenutzte Ortungssystem. Seit dem Jahr 2000 ist es auch für die zivile Bevölkerung nutzbar.
Navigationsgeräte und Kartenprogramme greifen jedoch nicht ausschließlich auf GPS zurück. Vielmehr nutzen die Empfänger gleichzeitig Daten von allen verfügbaren globalen Navigationssystemen, englisch: Global Navigation Satellite System. GNSS ist dabei ein übergeordneter Begriff für alle Systeme weltweit. Beherrschten die Amerikaner mit GPS Jahrzehnte lang den Markt, ziehen Europa, Russland und Asien inzwischen nach. Zu GNSS zählen heutzutage unter anderem auch Galileo, Glonass und Beidou.

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Glonass wird erweitert

Das russische Satellitennetzwerk Glonass ist seit 2008 für die allgemeine Bevölkerung nutzbar. Ursprünglich war es dagegen – genau wie sein amerikanisches Pendant – ausschließlich für militärische Zwecke entwickelt worden. Nach technischen Schwierigkeiten in den Jahren bis 2013 ist Glonass mittlerweile weltweit konstant abrufbar und weist in der frei verfügbaren Variante eine Genauigkeit von etwa vier bis acht Metern auf. Das System wird stetig korrigiert und erweitert. Glonass ist damit eine echte GPS-Alternative und vor allem eine GPS-Erweiterung. Denn mit seinen 24 zusätzlichen Satelliten sollen Glonass-kompatible Empfänger laut Garmin Satelliten um bis zu 20 Prozent schneller empfangen, als Geräte, die ausschließlich GPS unterstützen.

Glonass ist in den nördlichen Breitengraden sogar exakter als der amerikanische Konkurrent, was mit der speziellen Ausrichtung der Satelliten zusammenhängt. In Kombination mit GPS kann das System eine noch höhere Genauigkeit erzielen. Einige Smartphone-Hersteller machen sich das Zusammenspiel von GPS und Glonass zunutze: Die meisten modernen Handys führen einen Glonass-fähigen Chip als Standard.

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Galileo geht in die Offensive

Europas System Galileo ist als Spätzünder immer noch im Aufbau begriffen. Geplant sind 30 Satelliten, die in einer Höhe von etwa 23.000 Kilometern um die Erde kreisen. Mitte 2022 fehlten allerdings noch zwei Galileo-Satelliten im Erdorbit. Das europäische Pendant entspringt im Gegensatz zu GPS und Glonass nicht dem Militär, sondern wird von der Agentur für das Europäische GNSS, der Galileo-Agentur mit Sitz in Prag, kontrolliert. Grundsätzlich soll das Navigationssystem dabei eine Unabhängigkeit von den USA, Russland, China und Co. gewährleisten.

Auch hier gilt: Die Kombination aus mehreren Satellitensystemen präzisiert die Angaben. Galileo und GPS zusammen können Positionsbestimmungen auf Zentimeter genau angeben. Langfristiges Ziel der Galileo-Agentur ist dabei, dass die europäische Version sogar präziser arbeitet als ihr amerikanischer Vorreiter. Für den Nutzer ist dabei folgender Unterschied interessant: Die freie Version von Galileo wird auf etwa vier Meter genau sein, die kostenpflichtige Variante wird dagegen eine Toleranz von nur wenigen Zentimetern aufweisen.

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Beidou, QZSS und IRNSS

Das chinesische System Beidou ist seit Juli 2020 im Vollbetrieb. Es steht historisch gesehen in direkter Konkurrenz zu Galileo: Die Chinesen waren ursprünglich Geldgeber und Unterstützer des europäischen Systems, entschieden sich dann aber für den Aufbau eines eigenen Ortungsdienstes. Zudem gab es Streit um die verfügbaren Frequenzen, wobei das Recht nach den Regeln der Internationalen Fernmeldeagentur ITU auf Chinas Seite ist. Aktuell sieht es darum so aus, als müssten Galileo und Beidou teilweise dieselben Frequenzen verwenden – was technisch jedoch möglich ist.

Derzeit besteht das Beidou-System aus 35 Satelliten. Anwender sollten auch hier wissen, dass es erhebliche Unterschiede in der Exaktheit zwischen bezahlter und freier Nutzung gibt: 10 Zentimeter zu 10 Meter. Apple-Smartphones unterstützen das chinesische Navigationssystem allerdings erst ab dem Modell iPhone 12.

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Das japanische Quasi-Zenit-Satelliten-System oder auch QZSS befindet sich noch im Aufbau und ist derzeit noch nicht nutzbar. Momentan (Stand Juni 2022) befinden sich lediglich vier Satelliten im Orbit, ihre Zahl soll künftig jedoch auf sieben steigen. Grundsätzlich ist der Plan der Gründer aus öffentlichen Institutionen und Privatwirtschaft, dass QZSS weitere globale Navigationssatellitensysteme ergänzt. Die Besonderheit von QZSS liegt darin, dass die Satelliten näher an Japan kreisen und die Signale somit stärker sind. Ziel ist, dass die Ortung sogar in tiefen Häuserschluchten japanischer Großstädte exakt funktioniert.

Das Indian Regional Navigation Satellite System (IRNSS) ist die indische Antwort auf das US-amerikanische GPS. Dabei ist es nicht als globales System gedacht, sondern soll lediglich Indien versorgen. Auch hier wird auf besonders hohe Genauigkeit gesetzt. Das ebenfalls noch im Aufbau befindliche System soll letztlich vollkommen autark funktionieren.

A-GPS – das steckt dahinter

Um die Präzision der Standortdaten noch zu erhöhen, arbeiten die Systeme auf dem Smartphone mit dem sogenannten Assisted-Global Positioning System oder kurz A-GPS. Das Verfahren verwendet zu den erfassten Daten jeglicher GNSS noch Bluetooth, WLAN, mobile Daten und den exakten Abstand zu Mobilfunkmasten. Mithilfe der zusätzlichen Hilfsdaten wird eine genaue und schnelle GPS-Positionsbestimmung gewährleistet – teilweise selbst dann, wenn die freie Sicht auf GPS-Satelliten eingeschränkt ist.

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